Lasst uns endlich Tacheles reden!
Vor genau einer Woche war das Wandelbar-Kino des Projekts Made in Soldiner zu Gast im Ballhaus Prinzenallee. Dort wurde der Dokumentarfilm Endlich Tacheles gezeigt mit einem anschließenden Gespräch zum Film.
Der Abend beginnt mit kostenlosem Popcorn und einer Kurzvorstellung von Made in Soldiner. Das Netzwerk aus Kreativschaffenden im Soldiner Kiez möchte, nach eigener Aussage, interessante Menschen miteinander vernetzen und ihre Geschichten im Kiez bekannter machen. Das geschieht anhand von unterschiedlichen Veranstaltungsformaten, wie zum Beispiel das Filmscreening letzte Woche.



Eine dieser Geschichten ist die von Yaar Harell, ein junger Student aus Berlin, der im Rahmen eines Praktikums Andrea Schramm und Jana Mattes kennenlernt. Die beiden Regisseurinnen aus dem Soldiner Kiez entscheiden sich später dazu, seine Geschichte zu verfilmen, und stellen mit ihrem Film Endlich Tacheles unbequeme, aber wichtige Fragen danach, wie eine neue Gedenk- und Erinnerungskultur aussehen kann – ohne zu vergessen, welche konkreten Auswirkungen der Holocaust bis heute auf die Gesellschaft hat.

Schramm und Mattes begleiten Yaar bei seinem Traum, ein Gamedesigner zu werden. Seine neuste Idee: Ein Videospiel mit dem Titel „Shoah. Als Gott schlief.“, in dem er jüdische Menschen nicht aus dem in seinen Augen weit verbreiteten Opfernarrativ betrachten möchte. Stattdessen sollen sich in dem Spiel, das er gemeinsam mit seinen beiden Freund*innen Sarah und Marcel entwickelt, jüdische Menschen in Deutschland zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs wehren können.
Die Charaktere des Spiels basieren dabei auf echten Vorfahren von Yaar und Marcel. Zentral ist in der Spielentwicklung die Frage, ob die junge Jüdin, deren Charakter von Yaars Großmutter inspiriert ist, in der Lage ist, ihren kleinen Bruder vor dem SS-Offizier retten kann, der wiederum auf einem Vorfahren von Marcel basiert ist. Im echten Leben konnte Rina ihren kleinen Bruder nicht retten, weswegen Yaars Familie ihn davor warnt, die Geschichte seiner Großmutter durch einen vermeintlich gut und menschlich handelnden SS-Offizier, der dabei hilft, die jüdischen Kinder im Spiel zur Flucht zur verhelfen, zu verzerren.
Aus dieser Auseinandersetzung mit der eigenen familiären Vergangenheit ergeben sich mehrere Konfliktlinien. Wahrnehmungen der Vergangenheit unterscheiden sich zwischen den Studenten, während sie über die Handlung des Spiels beraten. Es geht um Fragen nach Schuld und Verantwortung, auch über Generationen hinweg. Denn was kann ein deutscher Student heute für die Taten seines Ur-Großvaters und seiner übrigen Verwandten? Andererseits hat der Holocaust bis heute reale Folgen für Yaar, in dessen Familie ein transgenerationales Trauma den Weg von den Erlebnissen seiner Oma über seinen Vater bis hin zu Yaars eigenen Erfahrungen als junger Jude gefunden hat. Die Folgen des Holocausts äußern sich in jeder der drei Generationen auf unterschiedliche Art und Weise.

Aus dieser Auseinandersetzung mit der eigenen familiären Vergangenheit ergeben sich mehrere Konfliktlinien. Wahrnehmungen der Vergangenheit unterscheiden sich zwischen den Studenten, während sie über die Handlung des Spiels beraten. Es geht um Fragen nach Schuld und Verantwortung, auch über Generationen hinweg. Denn was kann ein deutscher Student heute für die Taten seines Ur-Großvaters und seiner übrigen Verwandten? Andererseits hat der Holocaust bis heute reale Folgen für Yaar, in dessen Familie ein transgenerationales Trauma den Weg von den Erlebnissen seiner Oma über seinen Vater bis hin zu Yaars eigenen Erfahrungen als junger Jude gefunden hat. Die Folgen des Holocausts äußern sich in jeder der drei Generationen auf unterschiedliche Art und Weise.

Während die jungen Student*innen in einem verlassenen Haus in Krakau ihr Spiel entwickeln, erfährt Yaar immer mehr über seine persönliche Familiengeschichte und spürt, dass die schmerzhafte Auseinandersetzung mit dem Holocaust nicht spurlos an ihm vorbeiziehen wird. Auch die Zuschauer*innen werden nicht von den unangenehmen Konflikten der im Film begleiteten Personen verschont. Der Dokumentationsfilm regt ohne jeden Zweifel zum Denken und zur Diskussion an, die das Wandelbar-Kino durch ein Q&A im Anschluss an die Filmvorführung unterstützt. Im Filmgespräch mit den beiden Regisseurinnen, konnten die Teilnehmenden mehr über den Hintergrund des Films und seinen Entstehungsprozess erfahren.
Wer neugierig geworden ist, kann sich den Film nachträglich online anschauen oder bei einem der nächsten Events der Wandelbar-Veranstaltungsreihe von spannenden Begegnungen mit anderen Personen aus dem Quartier inspirieren lassen. Made in Soldiner ist ein Projekt des Trägers georg+georg, das bis Ende dieses Jahres durch den Projektfonds des Quartiersmanagements Soldiner Straße / Wollankstraße finanziert wird. Mehr Informationen zum Projekt findet ihr hier: Made In Soldiner Kurzprofil
Text: Kassandra Catrisioti-Forgione, Fotos: georg+georg / Otto Neumann