Aus dem Wedding heraus für Gerechtigkeit

Während einige es im Alter etwas ruhiger angehen, gibt es auch Personen, die noch aktiver werden. Eine von ihnen ist Ursula Schade, denn die 78-jährige engagiert sich fast ihr gesamten Leben lang ehrenamtlich. „Im Ehrenamt gibt es viel zu tun“, erklärt sie. Besonders engagiert ist sie im Bereich, der sich für die Rechte von Betroffenen mit Angehörigen oder Bekannten in Pflegefällen einsetzt. Dabei ist es für die Weddingerin keine Herzensangelegenheit, sondern ein Engagement aus eigener Betroffenheit. Im Gespräch mit dem Quartiersmanagement Soldiner Straße/Wollankstraße betont sie, dass diese Erfahrungen aus dem persönlichen Umfeld aus ihrer Sicht die besondere Motivation der meisten Ehrenamtlichen sei. Ihrer Einschätzung nach gebe es für sie allerdings besonders auf politischer Ebene wenig wirksame Unterstützung oder Wertschätzung für ihre Arbeit.

Umso wichtiger, dass es Strukturen gibt, in denen sich auch – oder besonders – die Senior*innen der Stadt engagieren können. Die gewählten Vertreter*innen der Senior*innenvertretung Mitte verstehen sich unter anderem als Ansprechpersonen im Kiez, um ältere Bürger*innen bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unterstützen. Dafür koordinieren sie sich regelmäßig und stellen sich auf Straßenfesten vor. Darüber hinaus organisieren sie auch Veranstaltungen, wie erst kürzlich zum Wohnteilhabegesetz für Heimbewohner*innen und ihre Angehörigen. Die Senior*innenvertretung des Bezirks Mitte trifft sich darüber hinaus (außer im Sommer) immer am 1. Donnerstag im Monat von 10:00 bis 13:00 Uhr zu öffentlichen Sitzungen im Rathaus Tiergarten. Ihre Arbeit strukturiert sie in den vier Arbeitsgruppen Bewohnerbeiräte, Mobilität, Öffentlichkeitsarbeit und Wohnen – je nach den Interessen der Ehrenamtlichen. In den Gruppen werden aber auch Themen wie die Pflege von Angehörigen oder Altersarmut besprochen. 

Seit Jahren in der Senior*innenvertretung aktiv hat Ursula Schade dennoch weiterhin Energie und wurde erst im September dieses Jahres zur Vizepräsidentin des Seniorenschutzbundes, der Bundesverband Graue Panther e.V., gewählt. Die Motivation, auch für bundesweite Strukturen zu kandidieren, bestand darin, jemanden für die Stadt Berlin im Rennen zu haben, um so näher am Geschehen von Vorgängen sein zu können. Die Selbsthilfegruppe setzt sich seit ihrer Gründung 1975 durch ihre Anliegen für Senior*innen auch für jüngere Generationen ein, ganz nach ihrem Motto „heute wir und morgen ihr“. 

Frau Schade kann heute auf ein Leben voller Engagement zurückblicken: „Alles habe ich selbst erkämpft“, fasst sie zusammen, „ich setze alles daran, zu erreichen, was ich erreichen will.“ Eine ausführliche Beschreibung aller Tätigkeiten von Frau Schade wurden erst vor wenigen Wochen in einem Beitrag des Weddingweiser zusammengefasst. Obwohl es in den Senior*innenverbänden aktuell nicht besonders viele Anliegen für den Wedding und Gesundbrunnen gibt, können die Erfahrungen aus anderen Kiezen in Berlin auch für Situationen vor Ort lehrreich sein. Ursula Schade beschreibt am Ende des Gesprächs, wie sehr sich der Wedding in den letzten 60 Jahren, die sie hier mittlerweile lebt, verändert hat, beklagt zum Beispiel den voranschreitenden Wegfall des Einzelhandels. Daher äußert sie besonders mit Blick auf anstehende Kürzungen durch die Politik Wünsche nach dem Erhalt von Senior*innenfreizeitstätten im Wedding sowie bezahlbare und zugängliche Räume für Vereine. Ebenfalls kann sie sich parallel zum Jugendhilfegesetz ein Altenhilfegesetz vorstellen, um die Bedürfnisse von Senior*innen besser durchsetzen und schützen zu können.

Aktuell sucht die Senior*innenvertretung Mitte Bewerber*innen für die nächsten Wahlen der Senior*innenvertretung im Frühjahr 2027: Wählen und gewählt werden dürfen alle Personen über 60 mit Wohnsitz in Berlin-Mitte. Die Staatsbürgerschaft spielt dabei keine Rolle. Interessierte können sich entweder bei der Senior*innenvertretung Mitte melden oder zu einer der Sitzungen gehen. Alle Termine der Senior*innenvertretung Mitte und weitere Informationen sind hier auf ihrer Internetseite zu finden. Der Koordinator, Herr Jens Kaftan, ist außerdem unter 030 9018-32733 telefonisch für weitere Informationen zu erreichen.

Text/Fotos: Kassandra Catrisioti-Forgione (Webredaktion)