Brücken zwischen den Generationen
Warum brauchen wir diese Brücken?
Der Austausch zwischen Jugendlichen und Senior*innen hat in den letzten Jahrzehnten abgenommen. Während die Eltern oft noch mit mehreren Generationen unter einem Dach aufgewachsen sind, kennen Jugendliche solche Lebensformen kaum. Auch die Auswanderung nach Deutschland, die Teil der Herkunftsgeschichte vieler Jugendlicher im Soldiner Kiez ist, hat Familien auseinandergebracht. Dadurch kommt es oft zu einer Entfremdung zwischen den Generationen. Vorurteile verfestigen sich.
An dieser Stelle setzt das Projekt „Brückenbauer“ an: Schülerinnen und Schüler der 9. Jahrgangsstufe der Quinoa Schule aus Berlin- Wedding lernen im Laufe eines Schuljahres Seniorinnen und Senioren aus Seniorenheimen in der Nachbarschaft kennen.
Durch gemeinsame Aktivitäten findet ein Austausch über die unterschiedlichen Lebensrealitäten statt. Dadurch wird die Sozialkompetenz der Jugendlichen gestärkt, sie werden an Berufe in der Altenpflege herangeführt. Vor allem wird die Toleranz zwischen den Kulturen, Generationen und Religionen gefördert.
Jung und Alt begegnen sich
Vor Beginn des Aufeinandertreffens haben sich die Jugendlichen im Unterricht intensiv auf die Begegnungen vorbereitet: Welche Herausforderungen bringt das Alter mit sich? Welche Unterstützungsmöglichkeiten für Senior*innen gibt es? Auch über den Tod und das Sterben wurde gesprochen. Die Themen waren nicht immer einfach, aber von großer Wichtigkeit, um die Lebensrealitäten der älteren Menschen zu verstehen und um eigene Ängste diesbezüglich abzubauen. Aha-Momente gab es auch eine ganze Menge. Fragebögen an die eigenen Großeltern und Besuche des Pflegestützpunktes Wedding sind weitere Beispiele aus der Vorbereitungsarbeit.
Die Begegnungen fanden seit 2017 in unterschiedlichen Seniorenheimen statt. Wir besuchten das Seniorendomizil an der Panke, das Seniorenheim am Schäfersee und zuletzt begegneten sich Jung und Alt in den Räumlichkeiten der Seniorenresidenz Fürsorge im Alter in der Schulzestraße. Dort gab es kleine Gesprächskreise über verschiedene Themen, ein gemeinsames Plätzchenbacken für die Weihnachtsfeier. Nach dem Jahreswechsel 2019/2020 wurden persönliche Wünsche für‘s neue Jahr am Wunschbaum zusammengetragen.
Und dann kam Corona…
Leider sind auch an uns die Auswirkungen der Coronapandemie nicht spurlos vorbei gegangen. Persönliche Begegnungen sollten in pandemischen Zeiten reduziert werden– erst recht mit älteren Menschen. Die Seniorenheime mussten ihre Bewohner*innen schützen, daher mussten die persönlichen Begegnungen gegen Ende des Projektes ausgesetzt werden. Alternativ schafften wir kurzzeitig einen digitalen Austausch mit Hilfe kurzer Filme, in welchen die jungen Menschen von sich und ihrem Leben erzählten, ihre Lieblingslieder sangen und ihren Alltag zeigten. So konnten zumindest die Senior*innen am Leben der Schüler*innen teilnehmen.
Erfahrungen für die Zukunft
Sowohl zu Beginn eines jeden Schuljahres als auch zu dessen Ende, hielten die Jugendlichen ihre Sorgen bezüglich des Projekts schriftlich fest und formulierten ihre Meinungen zu alten Menschen und Seniorenheimen. Dadurch wurde die eigene Veränderung innerhalb eines Schuljahres für sie und für uns Projektleiter*innen deutlich sichtbar. In allen Fällen konnten Ängste abgebaut werden, die Kommunikation mit älteren Menschen und die Besuche in den Seniorenheimen wurden zur Normalität für die Schüler*innen. Vor allem für diejenigen, welche die Chance hatten ihr Praktikum in den Einrichtungen abzuhalten. Die Mitarbeit der Schüler*innen wurde von der Pflegeleitung stets gelobt und es gab sogar Ausbildungsangebote für sie, nach erfolgreichem Schulabschluss.
Unser Fazit
Nicht nur die Jugendlichen und Senior*innen haben viel voneinander gelernt. Auch wir als Projektträger haben viele wichtige Erkenntnisse für unsere Arbeit mitgenommen. Zukünftig werden wir vorab die Senior*innen intensiver auf die Zusammenkünfte vorbereiten. Der Grund hierfür ist, dass es vor allem bei den ersten Begegnungen hier und da zu Missverständnissen kam. Jugendliche verhalten sich nicht immer so, wie es ältere Menschen erwarten. Dass dem Verhalten kein böser Wille zu Grunde liegt, war eine wichtige Erkenntnis für die Senior*innen. Auf diese und ähnliche Dinge möchten wir die älteren Menschen in Zukunft im Vorfeld besser vorbereiten.
Dankeschön
Wir bedanken uns bei allen mutigen Teilnehmenden, die sich getraut haben, ihre Komfortzone zu verlassen, neue Erfahrungen zu sammeln und ungewohnte Begegnungen zuzulassen. Ein großer Dank gilt auch dem Pflegepersonal, welches die Begegnungen erst ermöglicht hat und den Lehrkräften und der Schulleitung der Quinoa Schule, die stets offen sind für Projekte, in denen Schüler*innen die Möglichkeit gegeben wird sich über die klassischen Schulfächer hinaus zu entwickeln.
Außerdem möchten wir uns bei dem Quartiersmanagement und dem Quartiersrat Soldiner Straße und den Fördergebern für die Möglichkeit der Umsetzung unseres Projekts bedanken.
Wie geht es weiter?
Wir freuen uns daher sehr, dass wir ab dem kommenden Jahr 2022 mit unserem neuen Projekt anno dazumal wieder einen Beitrag für mehr Generationendialog und den Abbau gegenseitiger Vorurteile leisten können. In diesem Projekt besuchen mehrere kleine Gruppen von Schüler*innen wöchentlich mehrere Demenz-WGs, lernen dort die Bewohner*innen und ihre Krankheit kennen und werden für kurze Zeit Teil der Wohngemeinschaft.
Wir freuen uns schon jetzt auf viele neue Gesichter und spannende Geschichten!
Das Projekt Brückenbauer wurde von 2017 – 2021 gefördert mit Mitteln aus dem Städtebauförderungsprogramm Soziale Stadt.
Weitere Informationen über „Brückenbauer“ sind auf unserem Projektblog zu finden: