In drei Stunden viel für die Nachbarschaft erreichen

Was bewegt Nachbar*innen dazu, sich in unserer Aktionsfondsjury zu engagieren? Wir haben zwei Jurymitglieder nach ihren Erfahrungen gefragt.

Anke
Foto: Andrei Schnell

Zwei- bis dreimal im Jahr trifft sich die Jury des Aktionsfonds, um einen Abend lang über kleinere Nachbarschaftsprojekte zu beraten. Die Antragstellenden präsentieren nacheinander ihre Ideen und anschließend diskutieren die sechs bis acht Jurymitglieder über die vorgestellten Projekte.

Am Anfang steht ein Anstoß

Doch wie entsteht überhaupt der Gedanke, in der Jury mitzuarbeiten? Anke ist seit drei Jahren Mitglied der Aktionsfondsjury. Sie kannte das Quartiersmanagementverfahren bereits vorher aus anderen Weddinger Kiezen, war zum Beispiel Gast bei öffentlichen Sitzungen eines Quartiersrates im Wedding, aber hat sich dann nach ihrem Umzug in den Soldiner Kiez für das Gremium Aktionsfonds entschieden. „Ich fand es schön, dass sich das Team des Quartiersmanagements 2021 offen gezeigt hat, diese Offenheit hat mich überzeugt“, sagt sie. Thorsten hat sich von seinem Ex-Mann anstecken lassen. „Er war damals sofort dabei, ist gleich in den Quartiersrat gegangen“, erzählt Thorsten über seinen Start in die Jury im Jahr 2018. Doch während sich sein Ex-Mann schnell für andere Dingen begeistern ließ, ist Thorsten der im Vergleich zum Quartiersrat etwas kleineren Aufgabe Aktionsfonds bis heute treu geblieben.

Wenn das Zeitbudget knapp ist

Wie viel Zeit investiert ein Jurymitglied? „Die Sitzungen sind ja nicht allzu häufig“, bringt es Thorsten auf den Punkt. Er pendelt beruflich mal mehr, mal weniger zwischen Berlin und München. Für die Jurytermine findet er aber meistens Zeit. Die Sitzungen beginnen in der Regel um 18 Uhr und dauern zwei bis drei Stunden. Ein paar Tage vorher liest er sich die Anträge durch. Aber das sei gut zu schaffen. Auch Anke sagt, „Der Aktionsfonds ist toll für Leute, die nicht so viel Zeit haben“. Ehrenamt hat in ihrem Leben schon immer eine große Rolle gespielt; doch seitdem sie zwei Kinder hat, bleiben neben dem Job nicht mehr viele freie Stunden übrig. Auch Thorsten übernimmt gern Ehrenämter. Dabei achtet er darauf, dass es sich stets um ein punktuelles Engagement handelt.

Schwerpunkte und Präferenzen

Gibt es Herzensprojekte unter den vielfältigen Aktionen? Anke lässt sich bei der Abstimmung von einer Frage leiten: Wen erreicht es? „Wir müssen die Blasen auflösen, die verschiedenen Communitys zusammenbringen“, sagt sie. Deshalb sind für sie auch Bildungsprojekte in Schulen und Kitas wichtig. Über diese Einrichtungen lassen sich Eltern und Kinder im Wedding erreichen, die sich hier viel mehr wohlfühlen sollen, wie sich Anke wünscht. „Fühlt euch wohl, bringt euch ein!“, sollte das Motto eines Projektes sein. Thorsten ist ein Fürsprecher von Kunstprojekten. Kunst ist eines seiner Steckenpferde. Er findet es gut, dass die Jury für dieses Thema genauso aufgeschlossen ist wie für andere Themen.

Der persönliche Mehrwert

Inwiefern lohnt sich die Mitarbeit in der Aktionsfondsjury für ein Mitglied persönlich? Thorsten ist nach sechs Jahren weiterhin in der Aktionsfondsjury, weil er die Mitarbeit als eine dankbare Aufgabe empfindet. „Die Antragsteller freuen sich, man selbst freut sich“. Im Laufe der Zeit sei in dem Gremium eine Vertrautheit gewachsen. „Es ist keiner dabei, der den Macker spielen muss“, das sei angenehm. Es gebe Diskussionen, aber spannende und der Umgang sei dabei stets nett. Manchmal findet er es sogar schade, dass er sich mit den anderen Mitgliedern nicht stärker vernetzen könne. „Ich habe keine Kinder, keine klassische Familie und dadurch manchmal andere Themen als andere Jurymitglieder.“ Für Anke liegt der eigene Mehrwert darin, stärker Teil des Kiezes geworden zu sein.

Vorschläge zur Verbesserung

Wo lässt sich etwas besser machen als bisher? Anke denkt politisch: „Der Staat müsste mehr Verantwortung übernehmen“. Das Quartiersmanagement und freiwilliges Engagement können grundsätzlich nicht ersetzen, was die Bezirke und das Land machen sollten. Sie sieht eine große soziale Ungleichheit, „die finde ich nicht in Ordnung“. Leider sei der Aktionsfonds ein zu kleines Instrument, um daran strukturell etwas zu ändern. Aber als kleinen Schritt wäre es wünschenswert, dass in der Jury zum Beispiel die Bevölkerung des Soldiner Kiezes repräsentativer vertreten wäre. Thorsten fände es toll, wenn das QM-Team immer eine Rundmail verschicken würde, wenn eine bewilligte Aktion startet. “Man hat die Aktion ja bewilligt, weil man sie gut findet. Dann würde ich natürlich auch hingehen, falls der Termin passt.” Alle Veranstaltungen im Rahmen des Aktionsfonds werden durch das QM-Team im monatlichen Newsletter sowie in unserem Veranstaltungskalender beworben.

Letzter Satz

Wie lässt sich die Mitarbeit in der Aktionsfondsjury in einem Satz zusammenfassen? Anke sagt: „Ich erfahre, was im Kiez passiert, kann mich mit Nachbarn vernetzen und bekomme etwas von den politischen Herausforderungen rund um das Quartiersmanagement mit.“ Thorsten sagt: „Mitzumachen ist einfach schön, ist ein angenehmer Job und – cool“.

Thorsten
Foto: Andrei Schnell